Zeit
Früher verstand ich die Phrase; *die Zeit vergeht im Flug*, nicht ganz so. Heute ist für mich wohl Zeit wohl das kostbarste Gut auf Erden.
Der Ofen verrichtet seinen Dienst. Leise knackt er vor sich hin und das Heulen des Windes macht das Gefühl auf schlechtes Wetter nur deutlicher. Dazu tanzen die Bäume, vor dem Fenster meines kleinen Büros samt Schreibtisch, dezent im Sturm. Es ist ungemütlich und eigentlich lädt es eher auf das Sofa ein.
Der Kaffee ist schon kalt und ich bin, gelinde ausgedrückt, zu faul in die Küche zu tigern und einen neuen zu holen. Es kostet Zeit, die ich gerade streng sortieren muss. Mein Tagesablauf ist ein wenig durch den Wind. Wie passend, aber es läuft gerade alles etwas mehr nach einem Zeitplan, als die Jahre zuvor.
Ich fahre von Termin zu Termin und dazwischen sind die Hunde mit mir auf irgendwelchen Wiesen auf der Strecke ihre Runden drehen. Sie sind genauso glücklich über einen Tag im heimischen Kissen, wie ich am Schreibtisch. Aber es ist gerade die Zeit für Veränderungen. Nick wird langsam aber sicher seinem Alter entsprechend. Opa heißt er öfter mal und wenn er im gestreckten Galopp an mir vorbeischießt, streiche ich dieses Wort wieder.
Dann liegt er zusammengerollt auf dem Sofa und auf meine Aufforderung schält er sich von selbigen. Knochen sortieren, dass ich eine neue Angewohnheit, die er sonst nicht brauchte. Man vergisst schnell, dass er sich zielstrebig auf eine 13 zu bewegt. Die Tage werden merklich wärmer und das merkt man auch Nick an. Enola ist nach wie vor schockverliebt in ihren Opa und tut alles, damit sie in seiner Nähe sein kann. Oftmals etwas zu viel und ein tiefes Grummeln holt mich meistens auf den Plan.
Indy wuppt das Ganze mit einer unfassbaren Gelassenheit. Enolas Annäherungsversuche werden oft wegignoriert, oder es wird gekuschelt. Ein normales Leben in unserer Familie und Zeit, die ich so wohl nicht wiederbekomme. Das lernt man mehr zu schätzen, wenn Nachrichten eintreffen, die unter die Haut gehen. Lange hatte ich keinen Kontakt zu der Besitzerin von Ice seinem Bruder Ian. Zufällig fanden wir uns wieder und ich hatte das Gefühl, durch Ian ein wenig Ice zu sehen.
Seine Ausflüge und seine Geschichten, seine Abenteuer und auch seine 2 Jahre und 4 Monate mehr im Leben, waren so schön zu beobachten. Und ich hatte die Chance dazu, was mich sehr gefreut hat. Gestern war seine Reise zu Ende. Er hat mit 15 Jahren und 2 Monaten sein Wolkentaxi genommen. Verständlich ist das alles nicht, aber nun mal der Lauf der Dinge. Er war nicht mein Hund, das nicht, aber Ian und Ice verband viel. Sie waren sich so ähnlich, sie waren Charaktere, die unvergleichlich waren.
Stolz, abenteuerlustig, albern und einfach immer da, wo sie gebraucht wurden. Alles hat seine Zeit und so erinnere ich mich gern an meine mit Ice, der gestern eben genau diese 2 Jahre und 4 Monate nicht mehr an meiner Seite ist. Ian gehen zu sehen, macht deutlich, wie wenig Zeit man eigentlich hat, für die Dinge, die endlich sind. Wie viel Zeit mich sich eigentlich erhofft und vielleicht bekommt.
Ich schaue heute wieder etwas mehr auf meine Bande und möchte wieder einmal mehr das Marmeladenglas öffnen und diesen Moment, wo alle im Laden bei mir sind, hineinstopfen und für immer so behalten. Nick schlummert friedlich vor mir in seinem Hundebett, Indy kuschelt sich in sein Bettchen und sein Blick ruht auf mir. Er wartet, dass ich aufstehe und wir ein weiteres Abenteuer erleben können. Enola hat sich auf das Sofa hinter mir gekuschelt und schnarcht leise vor sich hin.
Ich nehme einen großen Schluck Kaffee, der immer noch nicht warm geworden ist. Schreibe die letzten Zeilen und werden dann wirklich durch den Sturm ein wenig wandern gehen. Danach geht es weiter mit den Terminen, die den Tag regieren.