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Vorfreude

Vorfreude, schönste Freude… so heißt es in einem Weihnachtslied. Ja, das stimmt, aber trifft deswegen noch lange nicht auf alles zu. Ich laufe mit Indy durch unseren Ort, damit wir beide den Kopf frei bekommen. Gayle ist glücklich auf ihrem Kissen im Land der Träume und so machen wir zwei und leise auf den Weg.  „Morgen Kinder wird’s was geben, morgen werden wir uns freu’n“ singt eine junge Mama ihrem weinenden Kind vor. Leise beginne ich das Lied mitzusummen und der Text samt Melodie verfolgen mich auf diesem Spaziergang.

Voller Vorfreude saß ich gestern in der Küche, mit dem Blick in den Garten. Sonnenstrahlen tanzten auf den Schneeglöckchen, und die Stimmung war auf einem guten Maß. Noch zwei Stunden, und ich würde erfahren, wann ich mich samt Mann und Hunde auf den Weg zu Nick machen könnte. Wie immer verging die Zeit im Schneckentempo und auch das Zeiger-Anstarren half nichts. Schließlich standen sie doch auf den erlösenden 12.30 Uhr.

Die Nummer gewählt und innerlich schon im Auto gesessen. Eine nette Dame meldet sich am anderen Ende und gibt mir, wie schon all die Male davor, einen Rückruftermin. Das erste Kartenhaus klappte zusammen. Da ich inzwischen dazugelernt habe, sollten sie mich auf meinem tragbaren Telefon namens Handy zurückrufen. Also Hunde einpacken und raus an die Luft. Das hilft sonst auch immer.

Wenn der Uhrzeiger mal Gas gibt, dann, wenn man es nicht braucht. Das Warten ist eine Qual und die Zeit der Abfahrt, um pünktlich an Ort und Stelle zu sein, rückte näher und näher. Ich wurde unruhig und rief erneut an. „Wir rufen in 5 min zurück.“ war die Antwort und mein Synchronsprecher gab schon Kommentare von sich wie: Da passt was nicht…  Warum können sie nicht einfach sagen, dass… Mein Display bekommt Farbe und die Nummer passt zur Klinik. Zittrig nehme ich an und höre die Worte, die brennen wie Feuer.

„Es gab da ja diese Schwellung, die wir noch beobachtet haben und nun haben wir eine Biopsie genommen und warten eindringlich auf das Ergebnis. Ist es nur ein entzündlicher Prozess, dann könnten sie ihn holen. Aber…“ Ab da stand schon fest, dass er besser noch da bleiben sollte. All die Vorfreude war wie eine Vase auf dem Boden gefallen und in 1000 Stücke zersprungen. Jedoch bestand ja noch die Hoffnung, dass das Ergebnis gut sei und wir eben nur einen Tag später auf dem Weg zu ihm wären.

„Ich melde mich gegen 17 Uhr vor meinem Feierabend, dann sollte das Ergebnis da sein.“ Der Blick auf die Uhr verriet, erneut 3 Stunden warten. Die ersten Tränen konnte ich mir noch verdrücken. Zeitgleich ärgerte ich mich über meinen Beitrag, der indessen ja schon öffentlich war. Viele schrieben mir und freuten sich mit mir, dass er nach Hause komme. Aber keiner wusste, dass es so nicht sein würde.
Schlafen ist eine gute Idee, wenn man mal Zeit totschlagen will. Also versuchten wir das. Gayle und Indy fanden das großartig, und ich starrte an die Decke, auf die Uhr, in mein Handy und schließlich in den Fernseher.

17 Uhr und mein Handy schweigt, wenn ich Fingernägel kauen würde, dann wäre jetzt die passende Zeit dafür. Der Anruf kam und die Worte schnitten sich wie mit einem großen Messer in meinen Kopf. *nicht das Ergebnis, was wir erhofft hatten… muss noch bleiben… wahrscheinlich bis Freitag…* Dann gab nicht ich, sondern mein Handy auf. Stille, aber die Zeit lief weiter. Das Ende meines geliebten Handys zusammen mit meiner Stimmungslage im Keller.

Festnetz und erneut angerufen…

Fakt ist, dass seine Nähte gut verheilen. Eine Schwellung, direkt nach der OP bereits da war und diese eigentlich allein wieder gehen sollte. Tat sie aber nicht und so wurde untersucht, ob Erreger da sind, die dieses verhindern und vielleicht das falsche Antibiotikum im Einsatz ist. Das wird heute untersucht und umgestellt.

Unter Tränen erfahre ich… er frisst, setzt Kot ab und das so wie es sein soll, er trinkt gut und unterhält die Leute. Er heißt inzwischen Kleiner Mann und braucht nur noch ein Abklingen der Schwellung.

Ein Einblick in mein Seelenleben? Es fühlt sich an, als wenn Nick entlaufen sei und immer wieder gesehen wird, aber nur nicht von mir. Zu wissen, es geht ihm gut, ist die einzige Stange, an der ich mich festklammere. Ich kann und darf nicht neben der Spur sein, das ist für unsere Oma Gift. Sie merkt das was nicht stimmt und ist unglaublich sensibel. Sie verfolgt mich und bin ich entspannt, ist sie es auch und umgekehrt. Indy ist ein wahrer Sonnenschein und gibt alles, um mich zu trösten.

So laufen wir dann eben Weihnachtslied trällernd und Hoffnung auffrischen durch den Ort. 

Da auch gefragt wurde, was er eigentlich hatte? Eine Perinealhernie… eine Bindegewebsschwäche um den Analbereich. Dabei stülpt sich eine Aussackung durch die Muskulatur nach außen. Gefüllt mit Darm und im ungünstigsten Fall mit der Blase. Diesen Fall hatte Nick. Die OP beinhaltet nicht nur, dass der Defekt verschlossen wird, sondern auch die Kastration. Soweit das theoretische Prozedere. Der Rest ist diese Geschichte, die ich euch erst berichten wollte, wenn er wieder wohlbehalten zu Hause wäre. Zu früh gefreut… Hoffentlich kann ich bald anderes schreiben. Im Moment hoffe ich die Fragezeichen bei euch in Punkte umgewandelt zu haben.

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