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stürmische Zeiten

Es sind stürmische Zeiten. Nicht nur beim Wetter geht es rau her, auch zuhause ist alles ein wenig… wie soll ich sagen, unruhig.
Es ist 19 Uhr und streife mir die Jacke über. Nehme die Leinen und lasse die Hunde im Haus warten. Team Ice beginnt heute die letzte Runde des Tages. Ich rufe Ice zu mir und zeitgleich huscht Indy zu mir. „Nein zurück…“ klingt es heute rauer als sonst. Mit genicktem Kopf geht er zurück setzt sich und schaut mich erwartungsvoll an. Er ist doch Ice sein Partner bei dem Spaziergang.

In Gedanken lege ich Ice die Leine um den Hals und stopfe sie leicht unter die Regenjacke. Als Dankeschön schleckt schnell eine warme Zunge über meine Nase und schaut unschuldig zur Seite. Die zweite Leine fällt wie zur Erinnerung von meinen Schultern. „Indy…“ manchmal brauche ich es nur denken, heute aber lieber aussprechen. Schnell sitzt er neben mir und nimmt artig seine Leine in Empfang. Das war vor ein paar Tagen nicht so. Ein hibbeliges Etwas hummelte vor mir auf und ab. Vor lauter Aufregung mimte er einen Zitteraal. Also änderten wir die Strategie und es läuft für alle sehr viel entspannter.

Sogar so, dass ich in Gedanken Indy die Leine umhänge und wie selbstverständlich die Tür öffne. Zwei dunkelbraune Augenpaare schauen mich an und ich merke den Widerstand als ich losging aber den Beiden noch nicht die Erlaubnis gegeben hatte. „Na kommt schon…“ Gayle und Nick schauen leicht irritiert hinter beiden her und ich denke mir… ihr seit gleich dran, erst mal die Wetterlage checken. Aufgeregt zieht Indy nun doch an der Leine und auch Ice wird schneller. Klappend und schäumend wird mir klar warum. Hormone sind in der Luft und zwar die, die extrem spannend sind.

Ich werde automatisch langsamer und auch die beiden Jungs fahren langsam runter, nicht ohne weiter der spannenden Fährte zu folgen. Der Regen setzt ein und ich hoffe, dass es nur dabei bleibt. Der Rückweg führt beim Hundekumpel in kleine vorbei und man muss an der Tür einmal schauen, ob alles in Ordnung ist. Etwas später laufen die Beiden zufrieden durch die offene Tür ins Warme und zum Trinknapf. Gayle und Nick stehen schon in den Startlöchern.

„Eben noch deine Regenjacke“ sage ich mehr zu mir als zu Gayle. Aber sie weiss schon, dass das zum Abendritual dazugehört. Die zwei benötigen keine zweite Aufforderung und hüpfen zeitgleich mit mir in die Nacht. In der Luft liegt dieser Duft aus verbranntem Holz und Kohle. Es ist angenehm kühl und riecht nach dem kleinen Schauer von eben. Wir begeben uns auf die gleiche Runde und es werden fast die identischen Stellen untersucht. Nur viel entspannter und so ist es nicht verwunderlich, dass ich Zeit habe mir die Regentropfen unter der Laterne ins Gesicht fallen zu lassen und sie dabei auch noch zu beobachten.

Die Zeit ist verrückt. Tage gehen vorbei wie im Flug und am Ende des Tages fällt mir auf, was ich alles vergessen habe. Freunde müssen warten bis ich mal wieder den Kopf frei habe. Das kann manchmal dauern. Ein leichter Ruck erinnert mich, dass wir ja spazieren gehen wollten und die Erdbewegung uns leider nicht zum nächsten Baum dreht. Nick möchte zur Kirche. Ein Weg, den wir seit dem Schnee für uns entdeckt haben. Im Schein der nächsten Laterne stehe ich den Blick auf dieses alte Haus gerichtet. Die Tropfen werden dicker und mein Make up löst sich in Wohlgefallen auf. Ich schaue wenigstens so traurig aus, wie das alte Haus mit Baugerüst davor. „Was du in all den Jahren schon gesehen haben musst. Eigentlich müsste genau dieses kleine Hexenhaus, unansehnlich, bescheiden und baufällig, unser Haus sein. Gegenüber der Kirche, in der Nähe der Sparkasse…“

Während ich in Erinnerungen schwelge, schnüffeln die Hunde zufrieden an der Rabatte zu Fusse der Kriche. Das Mauerwerk wirkt im Dunkeln noch massiver und mächtiger als sowieso schon. Ich schaue auf die Kirchturmuhr und dann auf die zwei Fellknäule. Wir haben Zeit… wenn nicht jetzt wann dann? Baustelle, Krankenhaus, Versicherungen, Werkstatt und Familie lässt nicht viel Raum für andere Dinge. Manche Gespräche hängen mir dennoch nach und ich stecke noch eine weitere Karte in mein Spiel des Lebens. Wie heisst es so schön… das Leben ist halb so schwer, wenn man es nicht doppelt nimmt.

Gayle entscheidet, dass wir ebenfalls den Weg zu Halvar und Gabi nehmen. Langsam laufen wir die Hauptstrasse entlang und ich frage mich, wann meine Hunde gelernt haben, an lockerer Leine zu laufen. Und warum ich so lange Leinen habe. 30 cm würden reichen… Der Schlüssel öffnet die Tür zur warmen Wohnung und Thomas kommt mit den letzten Sachen aus der Baustelle. „Na Feierabend?“ Ich nicke und wir beiden gehen in die Küche zu einer Tasse Tee. Gute Nacht da draußen und wem auch immer ich noch einen Gruß schulde… Schreibt mich einfach an… ich verliere gerade den Überblick…

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