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Quasselwasser

Ich denke jeder kennt den Spruch…Na Quasselwasser getrunken? Für mich hat das Quasselwasser noch eine ganz andere Bedeutung und jedes Jahr zu Ostern versuche ich es auf ein Neues.
Wirklich geschafft habe ich es noch nie. Als Kind war es schon schwer, als Erwachsener vergißt man vieles und so war dieser Teil meiner Tradition schon eingemottet und verdrängt. Einmal kein Quasselwasser holen. Einmal sich mit dem Wasser waschen und dabei das kommende Jahr Glück und Gesundheit haben. Versteht das einer? Ich denke, diejenigen, die aus dem Sorbenland kommen bestimmt und meine Cousine wird spätestens jetzt ein Grinsen im Gesicht haben.

Ich bin viel bei meiner Oma gewesen, als Stadtkind auf dem Lande. Hühner, Hasen, Schafe, Hunde und Katzen eine Idylle für ein Kind was im Plattenbau aufgewachsen ist. Jede Bahnfahrt zu meiner Oma war schon Ferien. Jeder Geruch nach Wald und Gülle versetzt mich sofort in meine Kindheit und die Tage, die ziemlich jeder wiederhaben will. Ostern bei Oma und Opa waren die unbeschwertesten Tage meiner Kindheit und zu Ostern waren sie voller Abenteuer.

Ostereier wurden hier im Kreise der Familie gemalt, und das mit Wachs und Bügeleisen, die als Ersatz für die Flammen unter den Wachslöffeln standen. Es roch nach frisch gebackenen Broten und Gebäck. Die alten Frauen, wahrscheinlich so alt wie ich jetzt, und die ganz alten Frauen mit Kopftüchern und Teetasse in den Händen sind Erinnerungen, die genauso frisch sind, wie das Wasser aus dem Voßbach. Heute wollte ich es mal schaffen. Schaffen unhöflich zu sein, schaffen nur in meinem Kopf zu reden und nicht mit jemandem, der gerade auf dem Weg zu Bäcker ist und mich mit meinen Croggs im Bach stehen sieht.

Ostersonntag ging man im Sorbenlande als Frau mit einem Krug bewaffnet zum Bach und holte Wasser. Was einfach klingt, es aber nicht ist. Denn sobald man freundlich dem Nachbar einen guten Morgen wünscht, hat man soebend Quasselwasser geholt. Das bringt für das kommende Jahr ein wortreiches Jahr. Aber wenn man es schafft ohne ein Wort Wasser zu holen und sich damit zu waschen, dann bringt es Schönheit und Gesundheit aber auch Glück. Schönheit ist etwas, das mir jetzt mal nicht ganz so wichtig ist aber der Rest, den nehm ich gern mit. 5 Uhr machten schwungvoll meine Augen einen Aufschlag und ich war wach. „Mein Sohn schafft es an wenigen Tagen im Jahr vor mir wach zu sein und dazu gehört Ostern“ schraubt es sich durch meinen Kopf.

Ich lausche in die Umgebung und höre das Atmen meines Mannes, das Schnarchen von Ice und sonst nichts. Nicht einen Vogel, nicht ein Auto nur Stille. Also schnell in die Croggs geschlüpft, die Taschenlampe geholt, den schlaftrunkenen Nick einmal über den Kopf gestreichelt und den Schuh zwischen die Tür gestellt, damit sie nicht ins Schloss fällt. Im Schlafanzug über die Strasse gehuscht und spontan die Böschung zum Bach runtergeschliddert. Füsse gewaschen… Teil eins erledigt. Mit einem Krug wäre jetzt wohl der Ort schon mal wach, vom Fluchen meinerseits. Denn der wäre nun ein Puzzle. Hände ins kühle Nass und mit den nassen Händen einmal durchs Gesicht. Fertig Tradition light möche ich sagen. Zum ersten Mal geschafft. Sonst stand Opa gern in der Tür und sagte…“na was sagt man, wenn man sich morgens das erste Mal sieht“ einfach nur damit mir ein Wort über die Lippen kam.

Jetzt ist es fast 6 Uhr und die Vögel beginnen mit ihren Lieder, Ice scheint oben jetzt auch die Anderen zu wecken und ich werde Gayle aus den Kissen schütteln. Zumindest für das Hundevolk gibt es gleich ein frühes Frühstück und der Alltag kehrt die Kindheitserinnerungen wieder in den Teil zurück, der nächstes Jahr auf mich wartet. Die Vogelhochzeit, Zampern oder eben Quasselwasser holen…

Frohe Ostern und ich hoffe, wie sehen uns nächstes Jahr am Bach…

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