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the sound of silence

>>Hello darkness, my old friend
I’ve come to talk with you again
Because a vision softly creeping
Left its seeds while I was sleeping
And the vision that was planted in my brain
Still remains
Within the sound of silence<<
(Simon & Grafunkel)

Die Sonne scheint durch das große Fenster in der Küche. Die Spatzen füttern ihre kleinen Spatzen und es ist eine Idylle, die ich kaum ertragen kann. Wolken ziehen am blauen Himmel vorbei und mir ist zum Erbrechen schlecht.

Diese Stille, obwohl es nie laut war. Diese Leere, obwohl es nie voll war. Alles ist mit einem Wimpernschlag anders. Nichts ist, wie es war und nichts kann es ungeschehen machen. Ich mag die Worte nicht schreiben, ich möchte sie schreien. Ich kann die Stille kaum ertragen und doch ist es mein Los, damit umgehen zu lernen.

Es war ein schöner Tag. Die Sonne schien, wie sie es heute auch tut. Die Runde um die Felder kürzten wir sicherheitshalber schon ab. Gayle war nach der Antibiose wegen einer Blasenentzündung geschwächt. Wie schon so oft schlug ihr die Therapie nach einigen Tagen auf den Magen. Unser Tierarzt entschied mit uns um und so gab es Magenschoner und Schonkost.

Jedes Mal, wenn ich mich mit den Jungs aufmache zum Spaziergang, stand ich vor ihr und überlegte, sie zu Hause zu lassen. Jedes Mal stand sie auf und wollte mit. Die Runden machten wir nach ihrem Tempo und nach der Strecke, die sie vorgab. Sie baute genauso schnell auf, wie sie zu Hause in die Kissen sank. Ihr Schlaf war tiefer und länger. Ich ließ es zu. Wir verbrachten viel Zeit gemeinsam und haben Filme geschaut.

Es wurde Abend und wir wollten den Napf füllen. Gayle befand, im Bett ist es schöner. Ich wusste inzwischen, dass ihr Kreislauf es besser vertrug, wenn sie zu ihren Bedingungen aufstehen konnte. So knetete ihr ihren Rücken, die Pfötchen und stupste sie vorsichtig, wie all die Jahre zuvor. Sie hob den Kopf und die schlauen Augen richteten sich auf mich. Ich zog meinen Joker und holte die Bürste.

Suchte mir die Verfilzung, die mir schon zweimal durch die Lappen gegangen waren und bürstete sie raus. Das war ungewöhnlich, da sich es in der Achsel hasste. Müde hob sie ihren Kopf. Ich stand auf und brachte die Bürste weg. Gayle folgte mir und stand schwankend an der Wand. Sie wartete auf ihren Liftboy für die Treppe nach unten.

Ich nahm sie hoch und sie schmiegte sich vertrauensvoll an mich. Zusammen gingen wir in den Garten und die Gänseblümchen wurden gezupft. Eine Nachricht in den Garten geschrieben und müde trat sie durch das Fliegengitter ins Haus. Sie schaute mich an und ich gab ihr einen Keks. Gierig griff sie nach ihm und ließ ihn sofort wieder fallen. Ihre Beine gaben nach und sie rutschte zur Seite weg.

Panik kochte in mir hoch und nahm das Telefon. Nach zweimal klingeln hatte ich meinen Tierarzt am Telefon und nach weiteren Minuten war besprochen, was ich nicht hören wollte. Wir packten alle ein und fuhren zu ihr. Langsam, wie in Zeitlupe und jeden Meter und damit jede Zeit zusammen festhalten. Ich hob Gayle aus dem Kofferraum und wir gingen zusammen in die Praxis.

Man sah ihr die Mühe, die sie sich gab, an. Auf dem Behandlungstisch konnte sie nicht lange allein stehen und sackte zusammen. 18.35 Uhr schlief sie in meinen und Thomas seinen Armen ein. Ein schwerer Weg und noch heute wird mir übel, bei dem Gedanken eine Welt ohne sie zu haben. Weiter zu atmen, zu essen und zu laufen, Training zu haben, einkaufen zu gehen oder zu schlafen.

14 Jahre, 5 Monate und 27 Tage waren wir kaum getrennt. Jetzt ist meine Queen Mum vorausgegangen. Hat mir vertraut, die richtige Entscheidung zu treffen, hat sich voll und ganz in meinen Armen wohlgefühlt und ihre Flügel genommen. Zurück bleiben die, die Tränen verlieren. Orte, die so voller Leben und nun mit Stille erfüllt sind. Sie wieder mit Leben zu füllen, ist meine Aufgabe.

Wenn man sich für einen Hund entscheidet, weiß man, dass dieser Tag kommt. Wann und wie, bloß gut nicht. Unsere Reise fand am 27.05.2022 sein Ende. Es gibt so viel zu erzählen, so viel Liebe, die sie gegeben hat und mit diesem einen Tag ist das alles vorbei. Sie hinterlässt eine unglaublich große Wunde. Es war mir eine Ehre, alle Höhepunkte und Tiefschläge mit Gayle zu erleben. Ich fühle mich betäubt, handlungsunfähig und leer.

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