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Rudelleben leicht gemacht

Eigentlich wollte ich mich an das Laptop setzen und an meinen Büchern weitermachen. Doch dann treffe ich bei Insta eine Story, die mich nicht mehr loslässt. Seit Tagen gehe es in meinem Umfeld um Rudelleben leicht gemacht.

Aber anscheinend trifft es mehr Hundeteams, als ich mir gedacht habe. Viele Geschichten erinnern mich an meine Anfänge und immer wieder merke ich, wie viele ich heute anders machen würde. Die Situation kennt jeder, man hat einen Hund im Training. Man möchte üben und das ohne viel Ablenkung und nimmt den Weg, wo ja sonst auch keiner unterwegs ist. Mit 1000 % Sicherheit sind heute alle unterwegs. Das hofft man nicht und macht sich frohen Mutes mit einer großen Portion Leckerlie und einem Spielzeug auf den Weg.

Man konzentriert sich auf den Azubi und übt. Wie aus dem Nichts schält sich eine Hundegestalt und man kann sich sicher sein, die Leine trägt er nicht. Vorsichtige erste Schritte und schließlich Turbo auf uns zu. Von den Leinenhaltern weit und breit nichts zu sehen. Kennt fast jeder… Leider… Was tun? Früher habe ich gedacht, dass ich meine Hunde einfach machen lassen sollte. War eine schlechte Entscheidung, es kam immer zum Kräftemessen und oft gab es Streit zwischen den Menschen.

Also schwang ich um und verteidigte meine Bande, gegen die kommenden *der will, nur spielen*, *der tut nix* und *meiner ist sozialisiert*. Zu dem Zeitpunkt war Gayle noch nicht kastriert und gelegentlich auch läufig. Wenn dann der *ich will nur spielen* auch noch ein *ich bin potenter Rüde* war, hatte ich ein großes Problem. Allerdings hatte ich das exakt nur einmal. Dann änderte ich meine Taktik eher zufällig. Ice war mit Thomas im Büro und ich nahm, aus Gewohnheit, zwei Leinen mit.

Es dauerte nicht lange und ich hatte einen Verfolger auf vier Pfoten und das ohne den passenden Besitzer. Kurzum nahm ich meinen Mut, die Leine und hatte zwei Hunde. Einen schwer verliebten und eine sehr genervte Gayle. Den verliebten Rüden band ich an den nächsten Baum, brachte Gayle in den Kofferraum unseres Autos und befreite den verliebten Herren.

Man kann den Hunden kaum einen Vorwurf machen, auch wenn sie wiederum mir totalen Stress verabreichten. Seither ist immer eine Leine mehr mit mir unterwegs gewesen. Mit den Jahren kamen aber auch andere Möglichkeiten, mich von Hunden und ihren Besitzern zu distanzieren. Man scannt unfreiwillig sämtliche Horizonte, kann Hasen von Rehen am Gangbild erkennen und die Aufmerksamkeit wird höher, wenn die Silhouette auf einen Hund passt.

Spätestens jetzt wird die weitere Umgebung nach dem Besitzer gescannt und wenn man erleichtert eine Person dazu findet, kann man etwas mehr entspannen. Ich beobachte das Verhalten des Gegenübers, oftmals wird schnell nach der Leine gegriffen. Hand- und Körperbewegungen, die man schnell erkennt. Ich reagiere und nehme meine an die Leine und gut ist. Sollte das nicht der Fall sein, dann sehe ich zu, dass meine da bleiben, wo sie sind. Ja, das übe ich regelmäßig, auch ohne einen Grund dafür.

Ich gehe dem Hunde entgegen und tue alles, was mir möglich ist, ihn auf keinen Fall an mir vorbeizulassen. Dabei mache ich mich auch gern groß und bedrohlich. Ich bin mir durchaus bewusst, dass der Hund auch mich einmal angreifen kann. Jedoch sind die Konsequenzen für den Hund samt Halter schlussendlich gravierender.

Corona und die vielen Homeofficehunde, die sich als Welpen angeschafft wurden, das ist auch für mich und meine Seniorenbande mit Junghund ein Thema, an dem ich nicht vorbeikomme. Indy ist nicht der typische Coronahund, da er im Oktober 2019 zu uns kam. Dennoch hat er in seiner Ausbildung einiges Corona bedingt nicht erleben können. Ich weiß um seine Baustellen, ändere und trainiere mit ihm. Wenn ich mit ihm im Ort unterwegs bin, merke ich schnell, welcher Hunde kommuniziert und welcher es nicht gelernt hat.

Hundeschulen, die geschlossen waren, haben das Miteinander auch unter Hunden verändert. Mimik und Gestik sind beim Border Collie ja oft anders, als beispielsweise beim Terrier. Dennoch können auch meine Knalltüten lernen, dass Chihuahuas Zähne haben, dass Terrier laut sind beim Spielen. Ich habe mich immer darüber gefreut, wenn wir beim Spaziergang Hundeteams getroffen haben, die gefragt haben, ob sie zusammen spielen dürfen.

Meistens verneine ich das, da Gayle mit 14 einfach umgerannt werden würde, aber ich vereinbare einen Termin, wo ich wahlweise nur mit einem Hund komme. Meistens der, der zum Gegenüber passt. So kann es dann auch mal sein, dass Nick zum Spielen mit 13-jährigen Hundedamen geladen wird. Reden hilft, Rücksichtnahme übrigens auch. Rudelleben ist eben nicht einfach mal eben, auch bei uns haben sich die Hunde ihren Platz erarbeitet. Man kann nun nicht annehmen, wenn Dackel Karl mit unseren spielen mag, dass alle sofort Feuer und Flamme sind.

Gayle findet kleine Hunde nicht existent, Nick, nur wenn es Damen sind und Indy liebt sie alle. Jetzt braucht Karl nur zu Gayle zu gehen und es gibt eine Ansage. Verwunderung auf Seiten von Karls Besitzer, trotz des zauberhaften Aussehens von Gayle, adoptiert sie nicht. Im Gegenteil, das königliche Haupt braucht keine Fangemeinde, eher Abstand.

Nick würde sich dezent ins nächste Feld absetzen, oder sich so groß machen, dass Dackel Karl nicht an ihn herankommt. Würde er ihn anspringen, würde ebenfalls ein Tadel hageln, sofern die Sympathie nicht vorhanden wäre. Wäre er nach Nick seinem Geschmack, würde nahtlos zum Spielen übergegangen werden. Indy würde bei aufdringlichem, stürmischen und dominantem Verhalten, versuchen einfach zu gehen, aber sich auch Hilfe beim mir suchen. Pöbeln würde mit Pöbeln beantwortet und sonst würde einfach gespielt werden.

Ich lerne immer noch jeden Tag etwas mehr über meine Senioren, die inzwischen gern ignorieren und das auch Indy gelernt haben. Es gibt keine Patentlösung, aber es gibt Möglichkeiten, sich mit dem menschlichen Gegenüber zu verständigen. Auch wenn ich oft unhöflich wirke, wenn ich mich mit dem Rücken zu den anderen Hundemenschen drehe, um meine Bande im Blick zu haben, ich weiß, warum ich so handel. Denn auch ich habe Hunde und keine Maschinen, die mit Knöpfen justiert werden können. Auch meine nutzen Chancen, das Gegenüber mal kennenzulernen, ohne dass sie es dürften oder sollten.

Auch ich habe schon verbale Prügel eingesammelt und mich geärgert, nicht anders reagiert zu haben. Schließlich versuche ich, Hundekontakt aus einem kompletten Rudel heraus, zu vermeiden. Es ist wirklich für alle Beteiligten der einfachere Weg.

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